Da ich nicht in Deutschland lebe, mache ich dies selten: während ich dies schreibe, fahre ich mit der Bahn von München bis Mannheim. Ein kalter Märzabend, die Mondsichel scheint dünn vom schwarzen Himmel ins Abteil zu grinsen.
Stuttgart. Hier habe ich einige schöne Jahre gelebt, liegt aber schon einiges zurück. Bin nach vorne fahrend heute hinein und fahre gerade rückwärts wieder heraus, was nicht so angenehm ist. War wohl noch nichts mit dem Bahnhofsumbau. Zurück blicken auch meine Erinnerungen.
Ein Theaterbesuch fällt mir wieder ein, ich fand nur einen Sitzplatz ziemlich hinten, von dem aus die Bühne gar nicht gut zu sehen war. Stuttgarter sind pünktliche Menschen, schon eine Viertelstunde vor Beginn waren alle da und warteten auf das, was da vorgestellt werden sollte. Da entdeckte ich in den ersten Reihen ein befreundetes Ehepaar. Wir winkten uns zu. Mit Zeichen gaben sie zu verstehen, dass sie sich gerne neben mich setzen wollten, damit wir uns noch ein bisschen unterhalten könnten. Neben mir saß eine Ehepaar, dem ich anbot, mit den viel besseren Plätzen meiner Freunde zu tauschen. Sie schauten mich gar nicht an, sahen stattdessen wie versteinert zum Boden. "Mia bleibet hier", sagte schliesslich und bestimmt der Mann, weiterhin nach unten blickend.
"Mia bleibet hier" wurde in meinem Freundeskreis schnell zum Spruch, um diese oft anzutreffende Neigung zu beschreiben, sich neuen Sachen zu verweigern, weil man grundsätzlich der Meinung ist, dass Unbekanntes schlecht sein muss und man im Leben eigentlich immer nur aufzupassen hat, nicht angeschmiert zu werden.
Ich lese im Spiegel Online, dass das EU-Parlament mit großer Mehrheit die Sparvorschläge der Regierungen zum EU-Etat abgeschmettert hat. Gut, denke ich in meiner Naivität. Europa brauchen wir alle, Europa macht uns gemeinsam stark, Europa ist die Chance für unsere Kinder, nicht vom Fernen Osten her überrollt zu werden. Um Europa zu gestalten, braucht man Mittel, und das Parlament der Europäischen Union sorgt sich darum.
Dann lese ich die folgenden Leserzuschriften. Ich lese fünfzig oder mehr davon. Alle schimpfen sie auf diese Schmarotzer, die nicht sparen wollen. Nur eine Stimme meint, der Etat täte der Mehrheit in Europa Gutes - sie wird aber von den Folgebriefen niedergemacht. Einige fragen sich noch, was diese Parlamentarier denn wollten, die gar keiner gewählt hat. Dass man vielleicht lokale Haushaltsposten für eine größere Sache opfern könnte, meint niemand. Wie leider auch anderswo in Europa, sagen sich die Menschen in Bezug auf Europa, wir bleiben hier. Der Zug fährt rückwärts, die Strecke kennt man schon. Und eine andere wollen wir nicht.
In einem wissenschaftlichen Beitrag lese ich, die Neandertaler wären uns, den Homo Sapiens, deshalb unterlegen gewesen, weil sie größere Augen gehabt hätten. Die Verarbeitung der größeren optischen Information hätte ihrem Gehirn weniger Raum zum Nachdenken gegeben. Wir waren ihnen deshalb intellektuell überlegen, haben sie verdrängt und schliesslich aussterben lassen. Scheußlich!
Haben die Asiaten eigentlich Schlitzaugen damit ihre kleineren Augenkugeln nicht herausfallen?
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